Sonntag, April 15, 2007

Im letzten Post fragte ich,

wer denn der Herr Oettinger sei. So langsam formt sich ein Bild, auch wenn ich natürlich immer noch falsch liegen mag. Die neuesten Stilblüten sind u.a. diese:

Filbinger habe sich "wie Millionen andere verhalten, aber er stand dem Regime sehr kritisch gegenüber"

"Er hatte nicht die Kraft zum offenen Widerstand."

Oettinger meinte, dass es eine Selbstverständlichkeit sei, "dass wir uns zu unserer historischen Verantwortung bekennen"Quelle

- Nette Umschreibung für Völkermord. Mir wird sehr unwohl, wenn ich solche Menschen sprechen höre und erneut wird mir bewusst, wo wir hier leben: in einem Land, nachwievor geschwängert von einem kollektiven Bewusstsein, dass es möglich machte, dass Menschen gefoltert und in den Gaskammern umgebracht wurden. Menschen, die zu hunderttausenden ihrem menschenverachtenden Führer zujubelten. Und jeder, der wollte, wusste worum es dem narzisstischen Typen ging, denn bspw. bekam man zur Hochzeit vom Standesbeamten ein Exemplar von "Mein Kampf" ausgehändigt und konnte sich über das ganze faschistische, sozialdarwinistische Programm, das ihr Führer durchzuführen gedachte, informieren. Das Bewusstsein dämmert nur vor sich hin, aber es lebt - und die Toten scheinen nie zur Ruhe zu kommen.

4 Kommentare:

mq hat gesagt…

Damals standen doch alle "dem Regime sehr kritisch gegenüber". Sie hatten es vor lauter Begeisterung nur kurz vergessen.

mq hat gesagt…

Die meisten jedenfalls.

der Nachbar hat gesagt…

@markus: Verantwortungsdiffusion nennt man das, glaub ich, in der Psychologie, wenn es viele Leute gibt, auf die ich die Verantwortung für mein Tun abwälzen kann. Darum sprech ich auch immer direkt irgendjemanden am Strand an, um ihn zu bitten, auf meine Geldbörse aufzupassen, wenn ich baden gehe. Und darum kam man sehr bald davon ab damals im Dritten Reich, Menschen mit Kugeln abzuschlachten und nahm Gas und war damit sehr effektiv. Und in Todeszellen heute wuselt eine halbe Fussballmannschaft um den Delinquenten herum. Also ich gebe die Hoffnung nicht auf, aber der Mensch muss wohl individuell so richtig in die Scheisse gesteckt werden, damit er wahrnimmt, dass irgendwas nicht stimmt...

mq hat gesagt…

Wieder was gelernt. Verantwortungsdiffusion: Das wird mein Wort der Woche.