Dienstag, November 15, 2005

Frauen im Schatten der Gesellschaft

"Ich bin eine Frau, die in dieses Land kam, ohne zu wissen, was mich hier erwartete, da mir zwei Frauen alles rosarot zeichneten, wovon ich alles glaubte. Ich verließ meine Heimat und meine Kinder, die ich sehr liebe. Angesichts dessen, daß ich soviel Geld investiert hatte, um hierher nach Deutschland zu kommen, erschreckte mich die Vorstellung, ärmer zurückzukommen als vorher und ich fiel in eine Depression, so verängstigt über das Geschehene. (...)


Als Illegale fühlst du dich wie ein Tier und nicht wie ein menschliches Wesen, weil alle Nutzen aus dem gefallenen Baum ziehen wollen. Mit der Angst, wenn du durch die Straßen läufst und niemandem vertrauen kannst.


Illegal hier zu sein, bedeutet keine Hilfe, keinen Schutz und keine Rechte zu haben. Mütter, die Kinder haben und illegal sind, bekommen keine Bildung für ihre Kinder so wie ein Kind sie haben sollte. Personen, die illegal sind, sind Personen und menschliche Wesen, die wie jeder andere Mensch brauchen, daß man ihnen das gibt, was notwendig für sie ist. Der einzige Unterschied ist, keine Papiere zu haben." (Ein Brief von einer Südamerikanerin: Illegal in Deutschland. In: agisra Rundbrief Nr. -21. Dezember 1997, S.8)


Immer mehr Menschen sind gezwungen, in dieser Rechtlosigkeit zu leben. Ihnen wird das Aufenthaltsrecht aberkannt oder verweigert. In der Bundesrepublik Deutschland ohne Aufenthaltsrecht zu leben bedeutet, zu den sogenannten Illegalen zu gehören, die wie das Wort schon zeigt, eher als Kriminelle stigmatisiert werden.


Als Menschen in äußerst prekären Lebenssituationen werden sie dann nicht mehr wahrgenommen. In der Vergangenheit war das Thema unter dem Titel "Illegale in Deutschland" in den Medien leider wieder oft auf reißerische und voyeuristische Art und Weise Thema. Auf politischer Ebene geht es immer stärker um die Bekämpfung der illegalen Zuwanderung, während es legale Zuwanderungsmöglichkeiten ohnehin fast nicht gibt. Auf europäischer Ebene tagen die Innenminister zu dem Thema und überlegen sich neue Restriktionen.


Neben der Aufrüstung an den Außengrenzen der EU, den härteren Gesetzen und ausländerpolizeilichen Maßnahmen gibt es aber auch einige gesellschaftliche Kräfte, seien es politische Initiativen, die Kirche, Beratungsstellen, Wohlfahrtsverbände, ÄrztInnen und andere, die sich zu dem Thema Menschen ohne .Aufenthaltsrecht und deren Rechtlosigkeit äußern. Im Juni 1997 riefen antirassistische Initiativen, einige kirchliche und gewerkschaftliche VertreterInnen u. a. motiviert durch die SANS PAPIERS die Kampagne "Kein Mensch ist Illegal" ins Leben. In einigen Städten gibt es Projekte für die medizinische Versorgung von Flüchtlingen und MigrantInnen ohne Krankenschein, immer mehr Beratungsstellen leisten praktische Unterstützungsarbeit.


Vom bischöflichen Ordinariat Berlin wurde eine Handreichung herausgegeben, die dazu auffordert, Menschen unabhängig vom Aufenthaltsstatus zu beraten und zu helfen. Sie leitet aus der aktuellen gesellschaftlichen Lage für Flüchtlinge und MigrantInnen viele Forderungen nach Verbesserungen ab. Die Berliner Ärztekammer hat zusammen mit dem Berliner Flüchtlingsrat und PRO ASYL eine Broschüre herausgegeben, in der sie sich sehr differenziert mit dem Problem der mangelnden medizinischen Versorgung für Flüchtlinge und MigrantInnen ohne Aufenthaltsstatus bzw. mit Duldung nach Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) auseinandersetzt.


agisra hat in den letzten Jahren feststellen müssen, daß der Beratungsund Unterstützungsbedarf von Frauen ohne oder mit ungesichertem Aufenthaltsrecht immer größer wird. Dies stellt uns vor Probleme, die wir oft nicht mehr lösen können, denn unser Handlungsspielraum ist unter den gegebenen finanziellen und gesetzlichen Regelungen sehr begrenzt (beispielsweise die Legalisierung, die Wohnungs- und Arbeitssuche etc.)


In Frankfurt berät agisra haupt sächlich Frauen aus Lateinamerika und aus Afrika wegen der sprachlichen Kompetenzen. Viele Frauen ohne Aufenthaltsrecht, die zu uns in die Beratung kommen, arbeiten in der Prostitution oder in Haushalten. Daneben kommen viele Frauen, die aufgrund ihres eheabhängigen Aufenthaltsrechts (§ 19 AUsIG) immer in Angst leben, ihren Status zu verlieren, weil sie es in der Ehe nicht mehr aushalten oder ihr Ehepartner sich von ihnen trennt.
Judith Rosner

1 Kommentar:

Anrufe ohne Meldung hat gesagt…

hab dich verlinkt, wurde auch zeit!!hoffe es freut