Dienstag, März 25, 2008

Matthias Claudius

Der Mond ist aufgegangen


Der Mond ist aufgegangen,
die goldnen Sternlein prangen
am Himmel hell und klar;
der Wald steht schwarz und schweiget,
und aus den Wiesen steiget
der weiße Nebel wunderbar.

Wie ist die Welt so stille
und in der Dämmrung Hülle
so traulich und so holt
als eine stille Kammer,
wo ihr des Tages Jammer
verschlafen und vergessen sollt.

Seht ihr den Mond dort stehen?
Er ist nur halb zu sehen
und ist doch rund und schön.
So sind wohl manche Sachen,
die wir getrost belachen,
weil unsre Augen sie nicht sehn.

Wir stolze Menschenkinder
sind eitel arme Sünder
und wissen gar nicht viel;
wir spinnen Luftgespinste
und suchen viele Künste
und kommen weiter von dem Ziel.

Gott, laß dein Heil uns schauen,
auf nichts Vergänglichs bauen,
nicht Eitelkeit uns freun;
laß uns einfältig werden
und vor dir hier auf Erden
wie Kinder fromm und fröhlich sein.

Wollst endlich sonder Grämen
aus dieser Welt uns nehmen
durch einen sanften Tod;
und wenn du uns genommen,
laß uns in Himmel kommen,
du unser Herr und unser Gott.

So legt euch denn, ihr Brüder,
in Gottes Namen nieder;
kalt ist der Abendhauch.
Verschon uns, Gott, mit Strafen
und laß uns ruhig schlafen
und unsern kranken Nachbar auch.


5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Gute Besserung, Herr Nachbar. Das wird schon wieder :-)

Anonym hat gesagt…

Der Wandsbeker kann übrigens auch anders.

Anonym hat gesagt…

Danke Matthias, danke Elder. Den Zyniker sehe ich auch in diesem Gedicht, denn im netten, gefälligen Gewand, steckt oft leiser, bissiger Hohn, wie mir scheint.

Roger B. Nigk hat gesagt…

Da wünsch ich doch auch gleich mal gute Besserung xD (wirklich krank oder nur ein witziger Zufall?)

Gibt's das nicht als Lied? Ich erinnere mich dran, dass meine Oma mir immer etwas mit "Der Mond ist aufgegangen" beginnend, vorgesungen hat. Wäre mal interessant die komplette Melodie dazu zu hören.

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Das mit dem Wiederfinden ging ja schnell, du. Kamst aber nicht über eine Suchmaschine zu mir, oder? Seh in meiner Search-Engine-Terms-Liste nämlich nur total versaute Suchwörter, von denen ich dir kein einziges zutrauen würde. :)

Anonym hat gesagt…

Das war wohldie Melodie, damals bei deiner Oma. Die Melodie des "Abendliedes" stammt übrigens von Johann A. P. Schulz (1747-1800). Was das schnelle Wiederfinden betrifft: Natürlich bin ich über versaute Suchwörter zu dir gelangt, wie sonst? ;-) Danke auch für die guten Wünsche, die bunkere ich für alle Fälle.